► Verantwortung: nimm du sie – ich hab sie sicher

Ist Ihnen aufgefallen, dass sich Menschen gerne mit großem Getöse gegenseitig Verantwortungslosigkeit vorwerfen? Ist das vielleicht typisch menschlich? Oder eher typisch für die paternalistischen Hirtensysteme? Ich habe darüber mal nachgedacht…

Schauen Sie hier die Episode 84 aus der Video-Kolumnenreihe »Vollmers GedankenGänge«

»Ja, na klar kannst du die Verantwortung für dein Handeln abgeben an eine höhere Instanz. Du kannst die Verantwortung dem Arbeitgeber übertragen oder dem Staat oder sogar Gott. Die Frage ist nur: nimmt diese höhere Instanz die Verantwortung auch wirklich an. Da habe ich meine Zweifel.

Für dein Einkommen zum Beispiel: du lässt dich anstellen und transferierst damit deine Verantwortung für ein regelmäßiges, gesichertes Einkommen an den Arbeitgeber, in der Hoffnung, dass er dafür sorgt, dass der Laden läuft und du damit dein Einkommen bekommst. Du hoffst, dass er schon als dein Chef die richtigen Entscheidungen trifft, dich vernünftig führt, die richtigen Organisationsformen sucht, damit der Laden immer das Geld abwirft, um dein Gehalt zu bezahlen. Damit ist dann die Verantwortung zwar aus deinem Kopf verschwunden aber sie ist nicht wirklich bei deinem Chef.

Denn er selber wurde von seiner Chefin eingestellt mit dem Ziel, dass der Laden wirtschaftlich läuft. Und tut er das einmal nicht, dann wird dein Chef dich – Arbeitsvertrag hin oder her – auf einmal entlassen. Und ganz plötzlich stehst du ohne alles da. Dabei hast du ja vorher guten Willens und guten Glaubens, die Verantwortung abgegeben.

Und genau in diesem wechselseitigen Paternalismus steckt diese besondere Bindungskraft: alle werfen sich gegenseitig Verantwortungslosigkeit vor aber stellen immer weiter neue Forderungen, der andere möge doch dies und jenes tun.

Man könnte heute sagen: weil der Paternalismus nicht funktioniert, wollen alle plötzlich noch mehr davon.«