Ich will da raus!

Lars Vollmer

Ihr lieben Leute, ich kann mich da nur noch aufregen. Und das ist eigentlich so überhaupt nicht mein Ding. Aber ganz ehrlich: Es geht mir mittlerweile so furchtbar auf die Reifen! Es ermüdet mich. Es nervt mich! Ich will aus dieser Achterbahn aussteigen, bitte!

Eigentlich wollte ich auf keinen Fall einen Waschtag über Corona schreiben. Ich werde es auch nicht tun, versprochen, mir geht es letztlich um etwas ganz anderes. Aber der Anlass für diesen Text hat nunmal mit Corona zu tun.

Spinnt ihr eigentlich?

Da sagt der Bürgermeister von Triest in Italien, „die Ungeimpften, die Deserteuren gleichen, sind zu bestrafen“.

Da bin ich erschrocken. Wo, bitte, sind wir denn jetzt gelandet? Beim Erschießen der Ungehorsamen?

Ok, dann gucke ich eben Fußball, aber auch da geht es um Corona: Dem guten Joshua Kimmich, der mit seiner Haltung, sich (noch) nicht impfen lassen zu wollen, immerhin etwa einem Viertel bis einem Drittel der Bevölkerung entspricht, fliegen öffentlich von den einen verbal die Herzen, von den anderen die geschüttelten Fäuste zu, dass es schriller nicht mehr geht. Zuletzt wurde er mit noch Häme übergossen, weil er in Quarantäne muss – nicht etwa weil er positiv getestet wurde, sondern weil sein Vereinskollege Niklas Süle positiv getestet wurde. Kann Kimmich denn dafür irgendwas? Gleichzeitig „verdächtigt“ der Spiegel öffentlich die Fußballer Gnabry, Musiala und Adeyemi ungeimpft zu sein, als ob sie zu überführende Verbrecher seien … Also wirklich, dieser ganze Zirkus ist nicht nur äußerst dumm, sondern auch extrem gehässig.

Muss das denn sein?

Und auch sonst rasen sie alle wie frischgevögelte Eichhörnchen im Kreis herum: Corona-Oberexperte Christian Drosten ist für und gegen Schulschließungen gleichzeitig, SPD-Sprachrohr Lauterbach ist im Juli für und im November gegen kostenlose Tests, der Söder spricht von einer Pandemie der Ungeimpften, der Drosten sagt, es sei keine Pandemie der Ungeimpften, der Lauterbach will sich nicht vorwerfen lassen, Corona-Panik zu schüren, warnt aber davor, dass jeder, der in einen Innenraum geht, mit einem Impfdurchbruch rechnen müsse.

Äh.

Auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt wird ein Zaun errichtet, der Geimpfte von Ungeimpften trennen soll. Echt jetzt? Und ich schalte am 11.11. arglos den Fernseher ein und sehe Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker den Karneval mit einer Ansprache auf dem Heumarkt eröffnen. Unter freiem Himmel. Mit Maske. Danach geht sie zum Interview ins provisorische Fernsehstudio zu Guido Cantz. Im Innenraum. Ohne Maske.

Geht’s noch alberner?

Gleichzeitig sprießen im Internet die Impfgegner mit großer Followerschaft wie Pilze aus dem feuchten Herbstboden und überbieten sich mit immer neuen Theorien bis hin zur Vermutung, es handele sich bei der ganzen „Pandemie“ doch letztlich um den von reichen Eliten geplanten Versuch, die Weltbevölkerung zu dezimieren. Der eine Chefarzt postet ein Video, in dem er klagt, die Intensivstation sei voll mit Ungeimpften, der andere Oberarzt berichtet in seinem Video, es würden seit einigen Tagen fast nur noch Geimpfte eingeliefert. Die einen schreien nach Freiheitseinschränkungen, die anderen schreien, weil ihre Freiheiten eingeschränkt wurden. Überzeichnungen in alle, wirklich in alle Richtungen sind an der Tagesordnung.

Und mir reicht es.

Ich ergreife hier überhaupt keine Partei für eine der Meinungsrichtungen. Und tut mir den Gefallen, erspart mir eure Meinung zur Corona-Lage. Denn egal, welche Auffassung jeder einzelne von euch dazu gerade vertritt: Ihr müsst doch mittlerweile bemerkt haben, dass es nicht nur für die Argumente der Anderen etliche Unplausibilitäten gibt, sondern auch für eure eigenen! Können wir darum die die schrillen Töne nicht etwas zurückfahren und anerkennen, dass gerade keiner weiß, was richtig und was falsch ist, weil die ganze Sache einfach viel zu komplex und das Geschehen zu dynamisch ist?
Der Punkt, den jeder erkennen können müsste, ist aber doch: Wir kommen bei der Bewältigung der Krise bei allem Getöse keinen Schritt weiter. Wir haben jetzt ein Jahr und über 100 Mio. Impfdosen später, aber wir haben höhere Infektionszahlen als im letzten Jahr um die gleiche Zeit.

Es ist doch für jeden offensichtlich, dass unser politisches System mit seinen Akteuren nicht in der Lage war und ist, dieses Problem auch nur ansatzweise zu lösen.

Die Achterbahnisierung der Gesellschaft

Das Muster erkenne ich genau so bei der Migrationsdebatte wieder: Die ploppt gerade wieder hoch, weil an der Grenze zwischen Weißrussland und Polen hunderte bis tausende Migranten randalieren, die nach Deutschland wollen. Und die politischen Figuren, Aussagen und Lager in Deutschland gleichen verblüffenderweise exakt denen von 2015 bis 2017, als die Flüchtlingskrise durch den Blätterwald und die Fernsehanstalten tobte!

„Wir haben das geschafft!“ – wirklich? Wohl kaum. Wir sind auch hier keinen Schritt weiter.

Das gleiche bei der Klimadebatte, die aktuell durch die Klimakonferenz in Glasgow und durch die langsam aufkochenden Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen, SPD und FDP medial weiterhin auf Anschlag läuft. Lösungsansätze? Die gleichen, die schon in den letzten zehn Jahren nicht funktioniert haben: Zentralismus.

Und ebenso läuft in der durch die Inflation wieder aufkommenden finanzpolitischen Debatte alles nur im Kreis herum: Jedenfalls sind wir keinen Schritt weiter als 2008.

Auf den ersten Blick erkenne ich in all diesen Krisenfeldern – Corona, Klima, Migration, Finanzen – die Achterbahnisierung unserer Gesellschaft: Eine wilde Fahrt durch ganz viele Kurven, ständige Veränderungen, Richtungswechsel, auf und ab, Erfolge und Misserfolge, Wendungen und Windungen … und nach kurzer Zeit kommen wir genau dort wieder an, wo wir losgefahren sind.

Das alles fühlt sich zwischendurch wie Fortschritt an, jedenfalls wie Bewegung, wie eine Fahrt von A nach B. Aber es ist in Wahrheit kein Fortschritt, sondern eine Fahrt im Kreis. A gleich B. Man kommt nirgendwo hin.

Lernen wir wirklich nichts dazu?

Nein, auf den ersten Blick geht es wirklich nicht mehr weiter. Wir fahren einfach die nächste Runde Achterbahn.

Aber ich will da raus!

Die Säge schärfen!

Darum brauchen wir den zweiten Blick. Welcher Gedanke bringt uns hier weiter?

Ich bin ja Unternehmer. Und als Unternehmer würdest du so einen rumpeligen Kreisverkehr in der Entwicklung deiner Organisation einfach nicht akzeptieren

Ein Land ist kein Unternehmen, schon klar, aber beides sind soziale Systeme und es gibt fruchtbare Analogien. Wenn ich mit einem Produkt, das ich herstelle, permanent Qualitätsprobleme habe, wenn ich seit Jahren versuche, mit ausgewechselten Mitarbeitern, mit neuen Technologien, mit besseren Materialien, mit moderneren Verfahren das Produkt zu verbessern und profitabel zu machen – aber es klappt partout nicht, ja, dann würde ich als Unternehmer den Gaul früher oder später für tot erklären und absteigen.

Nicht um aufzugeben, sondern um von vorne anzufangen!

Ich würde das Produkt nochmal ganz neu denken und grundsätzlich überlegen: Ist es überhaupt das richtige Produkt? Ist meine gesamte Organisation dafür überhaupt die richtige? Müsste das Geschäftsmodell nicht ein ganz anderes sein? – Ich würde konzeptionell an das System selbst rangehen, nicht innerhalb des Systems nach einer Lösung suchen, denn das habe ich ja schon erfolglos hinter mir.

Wenn ich also nicht anders weiterkomme, spätestens dann arbeite ich AM System, nicht IM System!

Ob mir damit dann der bessere Wurf gelingt, kann ich vorher nicht wissen. Aber anstatt dem toten Pferd ständig neue Sattel zu besorgen oder Kostenstellen für tote Pferde einzurichten, würde ich halt absteigen. Und nicht zwingend auf ein neues Pferd aufsitzen, sondern evtl. auch ein Schiff nehmen oder ein Flugzeug oder mich auf ein E-Bike schwingen, wenn das den heutigen Verhältnissen besser entspricht.

Genau das ist der Denkpfad, auf den wir uns gesellschaftlich aufmachen müssen: Wir müssen es wagen, am politisch-gesellschaftlichen System zu arbeiten, anstatt immer nur weiter innerhalb des Systems herumzuwurschteln.

Lasst uns bauen!

Ja, viele Deutsche sind zurecht verfassungspatriotisch und stolz auf das bewährte System der Bundesrepublik seit 1949. Wir haben so die Nachkriegsprobleme gelöst, und das auf beeindruckende Art und Weise! Doch wir müssen meiner Meinung nach nun auch anerkennen, dass wir mit unserem gegenwärtigen System seit mindestens 20 Jahren nicht mehr in der Lage sind, die drängendsten Probleme zu lösen!

Zum einen hat sich die Welt da draußen weitergedreht und das 21. Jahrhundert spielt in einer anderen Liga, was Komplexität, Dynamik und Unvorhersehbarkeit angeht. Da kommen wir offensichtlich mit den eingefahrenen Mechanismen des 20. Jahrhunderts nicht mehr weiter. Vor allem die gewohnten hierarchischen, zentralistischen und bürokratischen Herangehensweisen beißen sich ja geradezu mit dem komplexen Charakter der Problemlagen. Das fühlt sich an, als würde man mit Lederfäustlingen versuchen eine Uhr zu reparieren.

Zum anderen hat sich unser politisches System in den letzten Jahrzehnten auch verändert. Als Reaktion auf alle aufkommenden und wiederkommenden Probleme ist es Schritt für Schritt immer zentralistischer, etatistischer, planwirtschaftlicher und paternalistischer geworden. Nein, wir leben nicht im Sozialismus (zum Glück), dennoch ist die Bundesrepublik definitiv seit der Wende immer ein Stück weiter sozialistischer geworden. Auch als Folge davon ist unser System heute weniger effektiv als noch in den ersten drei Jahrzehnten nach der Gründung und kommt schlechter mit hoch komplexen und hoch dynamischen Problemen klar.

Die Grundpfeiler der Bundesrepublik haben sich nicht verändert. Viele in der Welt beneiden die Deutschen um ihre politische Stabilität. Und genau das ist jetzt zum Hemmschuh für gesellschaftlichen Fortschritt geworden.

Das ist meine These: Unser derzeitiges System hat ausgedient. Wir brauchen nicht nur eine Sanierung, nicht nur einen Umbau im Detail, sondern wir brauchen einen Neubau.

Es lebe der Parlamentarische Rat!

Wie das konkret aussehen muss oder soll, das weiß ich auch noch nicht. Ja, selbstverständlich habe ich Ideen. Ich kenne mich mit der Transformation von Unternehmen recht gut aus und habe auch schon in meinen Büchern viel darüber geschrieben, wie Organisationen funktionieren, die mit Komplexität klarkommen. Da gibt es Prinzipien und Modelle, die sich längst in der Wirtschaft bewährt haben und die ich in meinen Büchern hier und da auch schon auf die gesellschaftliche Ebene transponiert habe.

Hierfür ganz konkrete Vorschläge zu machen, sehe ich aber auch nicht als meine Aufgabe. Was ich dennoch vorschlagen kann: Die Ampelkoalition (wenn sie denn zustande kommt) könnte das doch wunderbar in ihr Vierjahresprogramm aufnehmen und eine Expertengruppe in Gang setzen, die unser politisches System unter den Vorzeichen des 21. Jahrhunderts neu denkt und entwirft.

Viele behaupten ja, wir Deutschen hätten die besten Verfassungsrechtler der Welt. Ich glaube das gerne und ich glaube auch, dass wir fantastische Ökonomen haben. Es mangelt uns nicht an Sachverstand und Nüchternheit. Andere Nationen sind gut im Streiken, Demonstrieren und Revolution machen. Wenn es aber jemand schafft, einen gesellschaftlichen Neuentwurf mittels eines Parlamentarischen Rats zu machen, dann ja wohl wir Deutschen, oder?

Ich fände das konsequent: Es braucht nicht nur Politiker, die im System arbeiten, sondern auch Politiker, die am System arbeiten. Jedes größere Unternehmen und auch viele Mittelständler leisten sich Grundlagenforschung, um die Basis des eigenen Geschäfts in die Zukunft fortzuentwickeln. Warum machen wir das nicht auch auf der gesellschaftlichen Ebene?

Und damit meine ich die Entwicklung von grundsätzlichen Alternativen, von Konzepten, die gerne über Jahre öffentlich debattiert werden.
Ansätze dafür waren in Teilbereichen ja schon da. Ich erinnere mich noch gut an den „Professor aus Heidelberg“ Paul Kirchhoff, der als ehemaliger Verfassungsrichter 2005 beinahe Finanzminister im ersten Kabinett Merkel geworden wäre, nämlich dann, wenn es eine schwarzgelbe Koalition gegeben hätte. Er hatte vor, unser Steuersystem grundlegend zu reformieren, indem er es vor allem vereinfachen wollte, Stichwort „Bierdeckel“.

Auch das bedingungslose Grundeinkommen, das vor Jahren der Unternehmer Götz Werner propagierte, ist eine grundsätzliche Idee für ein politisches Teilsystem, nämlich den Bereich Soziales und Transferleistungen. Nicht dass ich ein Anhänger dieses Modells wäre, aber ich erkenne an, dass es immerhin eine System-Debatte angestoßen hatte.

Beide klugen Köpfe haben es nicht in politische Verantwortung geschafft – vielleicht ist auch das ein Kennzeichen einer erstarrten, fortschrittsunfähigen Republik. Dabei mangelt es bestimmt nicht an Ideen, also mehr davon.

Ich könnte mir vorstellen, dass in Berlin beim Italiener an der Bar immer wieder von Hinterbänklern des Bundestags parteiübergreifend über grundlegende Neuerungen debattiert wird. Man müsste mal … man könnte doch … wir sollten mal … Aber es wird nichts draus, weil das System selbstverständlich sich selbst erhalten will.

So sollten wir nicht weitermachen. Fortschritt ist mein drängendstes Anliegen. Ich bin mir mittlerweile sicher: Es kann und darf so nicht weitergehen! Mit unserem alten System erreichen wir keinen gesellschaftlichen Fortschritt mehr. Es passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert. Wir fahren immer nur Achterbahn, rauf und runter, hin und her.

Und ich will da raus!


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Kommentiere Sie Martin Bartonitz abbruch

  • axxl
    13. November 2021 at 07:27

    Witzig, Lars, hatte gerade um die Wahlen herum gedacht, warum sich eigentlich immer so selbstverständlich das System weiter reproduziert…

  • Gert Adameit
    13. November 2021 at 09:52

    „Können wir darum die die schrillen Töne nicht etwas zurückfahren…“ ist eine brechtigte Frage und für mich ein wichtiges und richtiges Anliegen. Wie schwer das offenbar ist, sieht man schon in den ersten Zeilen Ihres Textes, in denen sie – um des Effektes willen – mal eben „bestrafen“ mit „erschießen“ gleichsetzen. Geht es vielleicht auch bei Ihnen eine Nummer kleiner und ohne solchen plakativen Unsinn?
    Ansonsten Chapeu! Neu denken, neu konzipieren und ganz neu bauen ist zwar ein langfristig angelegtes Vorhaben, was uns im Moment weder in Bezug auf die Pandemie, die Flüchtlinge an der polnischen Grenze oder die Klimaziele hilft, aber dennoch eines, das dringend angegangen werden muss.

    • Volker Bo
      13. November 2021 at 11:41

      und vor allem muss niemand, der meint , alles viel besser bezeichnen zu können, genau diese Formulierung in Frage stellen. Ich behaupte genau so, wie Lars es nennt, ist es unverblümt. Ich treibe es sogar noch etwas mehr auf die Spitze, wenn ich die politische Orientierung alleine in der “Pandemie”betrachte: es hat nicht mit Gaskammern angefangen!

    • Gert Adameit
      13. November 2021 at 15:23

      Woher, Volker Bo, wollen Sie wissen, was ich meine besser zu können oder nicht und woher nehmen Sie die Berechtigung, mir vorschreiben zu wollen, was ich in Frage stellen muss oder kann? Beschränkt sich ihr Beitrag zu Sache tatsächlich auf diesen albernen Versuch, einen anderen Kommentator zu maßregeln?

    • Gert Adameit
      13. November 2021 at 19:03

      Volker Bo, gerade habe ich mich doch entschieden, diesen unsäglichen Vergleich mit dem dunkelsten Teil deutscher Geschichte nicht einfach so zu übergehen. Im Zusammenhang mit Pandemieregeln und Einschränkungen, egal, wie umstritten sie sein mögen, Gaskammern zu erwähnen ist eine absolut dreiste Verharmlosung der geschichtlichen Fakten und eine Verhöhnung der Millionen Opfer. Was ich sonst noch darüber denke, wäre justiziabel und gegen den Mindeststandard an Höflichkeit, den man im Netz wahren sollte.

  • Simon Hardt
    13. November 2021 at 10:24

    Hi Lars, die Arbeit AM System ist für unsere Gesellschaft wohl eine der schwierigsten und zugleich wichtigsten Aufgabe der nächsten Jahrzehnte (hoffentlich kürzer). Ich finde Arbeit von Riane Eisler und ihrer Kolleginen und Kollegen zu Care Economy extrem interessant.

  • Renate Büttner
    13. November 2021 at 11:49

    Hej lieber Lars, danke hierfür, du sprichst mir aus der Seele! Und es fühlt sich immer wieder gut an zu wissen, dass ich mit meinen Gedankengängen nicht alleine da stehe.
    Was können wir bloß tun, dass das auch in den Köpfen ankommt, die es braucht, um wirklich AM System arbeiten zu.können und um neues zu bauen?
    Ich kenne so viele kluge Köpfe, mit Weitsicht und guten Ideen… Doch von diesen Könner:innen wagt sich keiner in die Politik, weil sie genau wissen, das war es dann mit ihren guten Ideen!
    Was können wir tun, damit die formale Macht eines Landes begreift, Ideen zulässt und bereit ist, dafür Verantwortung abzugeben zum Wohl des Landes und damit auch zum Wohle seiner Bevölkerung?
    Zumindest schon mal weiter laut denken… Sei herzlich gegrüßt!

    • Frank Eberhard
      13. November 2021 at 15:18

      ich glaube, wir müssen aufhören zu glauben, die eigenen klugen Gedanken müssten in andere Köpfe rein. Oder fremde von uns als klug empfundene Gedanken müssten in noch andere Köpfe rein. Meines Erachtens ist zivilgesellschaftliches, eigenes, mitfühlendes Handeln im Kleinen angesagt. Und zwar ohne dabei um die Ecke zu schielen, obs auch einer sieht. Die Idee ist, aus den Standardkanälen rauszugehen, wo ich kann: weniger Streamingdienst, um der Sedierung zu entgehen; weniger (a)soziale Medien, um der Aufmerksamkeitsökonomie zu entgehen; mehr tauschen, leihen, reparieren, um der Geldorientierung die Spitze zu nehmen; und, und, und. Davon ist meines Erachtens bereits viel in Bewegung. Ja, da werden aktuell nur verschwindend geringe Anteile des BIP bewegt. Das ist auch gut so, denn das ist der Radar, unter dem die Bewegung bleiben sollte, bis so groß genug ist.

  • Dörte Winkler
    13. November 2021 at 12:26

    Vielen Dank! Was für ein klarer Aufruf. Ich wünsche mir sehr, dass er auf offene Ohren trifft und frage mich dabei – was kann jeder einzelne Bürger dafür tun? Vielleicht braucht es einfach Menschen von Außen, die diese Neuerungen erfinden. Dann wäre das Wichtigste, was hier so schön dargestellt wird: Es geht nicht um die Zerfleischung einzelner Ideen, sondern darum, überhaupt einmal in einen Diskurs zu kommen, gemeinsam anzuerkennen, dass wir etwas Neues brauchen. Das ist ein gemeinsamer Nenner, indem anfangs, brainstorming – gemäß einfach alle Gedankenanstöße willkommen sind. Wir brauchen in meinen Augen ein System, indem wirklich die „Weisen“ des Landes regieren, nicht die, die es aus welchen Gründen auch immer politisch nach oben geschafft haben.

    • Frank Eberhard
      13. November 2021 at 15:20

      das teile ich. Wobei die Auswahl der Weisen uns vor ein neues Problem stellt. Es ist denkbar, Bürgerräte z.B. teils durch gewählte und teils durch geloste Personen zu besetzen. Damit fängt man auch Weisheit ein, die an unvermuteter Stelle sitzt. Und sollte das Los „daneben“ gegriffen haben, dann gibt es ja eine Gruppe, die ausgleichend und integrierend wirkt.

    • Andrea
      14. November 2021 at 17:47

      Grundsätzlich bin ich dabei, doch mich stört ein wenig der Begriff „der Weisen“, weil ich ihn vermutlich in meinem Kopf eingeschränkt besetzt habe mit „alten, weisen Männern“ und das möchte ich definitiv nicht!
      Wenn ich für mich das Bild weiter male, dann sind neben den Weisen (die langjährige Erfahrungen mitbringen), auch die Jungen, die kreative Ideen mitbringen am Lagerfeuer. Auf meinem Bild sitzen sie am Lagerfeuer 😀
      Die Jungen werden in dem System leben, das die Weisen erarbeiten. Damit steht ihnen der Platz zu 🙂 Und wer weiß mit welch irren Ideen sie daher kommen! Aber Hand aufs Herz wir wissen es doch alle: Nicht alles was wir ausprobieren funktioniert. Aber alles was funktioniert wurde irgendwann mal ausprobiert.

      Danke Lars für deine tollen Waschtage.

  • Börny
    13. November 2021 at 19:25

    Lieber Lars,, danke für’s aus meiner Seele sprechende Gedankengänge am Waschtag. Auf den (meinen) Punkt gebracht… die an den Tag gelegte Widersprüchlichkeit… das „Fahnen nach dem Wind gedrehe“, die endlosen *Denkabgewöhnungsmanöver in jegliche Richtung“…. Ja, die Frage ist berechtigt… wo sind wir eiegentlich nicht an – sondern hingekommen…..

    Ich wünsche dir ein gelungenes, relaxtes Weekend.

    Beste Grüsse

  • Marcus Druen
    14. November 2021 at 13:53

    Hi Lars – das mit dem „am System“ statt „in dem System“ ist ein genialer Methodentransfer von Veraenderungen in Unternehmen in die Politik und Gesellschaft. Danke! Ich sehe seit einiger Zeit die Notwendigkeit von vorne anzufangen, ein neues System zu bauen, anstatt das alte veraendern zu wollen (nach Buckminster Fuller). Hierzu befasse ich mich intensiv mit Bitcoin (als globales Sparkonto fuer jeden Menschen) DeFi (als offenen fuer jeden Menschen mit SmarPhone und Internet) Zugang zum globalen Finanzsystem, DAOs (als Chance fuer jeden Menschen, bei einem Projekt oder einer Bewegung mitzumachen, die Entscheidungen so mitzupraegen, dass sie als „Betroffene“ maximal Vorteil haben, und als Tokenholder) Shareholder auch noch finanziell profitieren. Anders gesagt, Blockchain Technologie inkl. NFTs (ein Stueck vom Internet/Metaverse besitzen koennen) ist der Technologieenabler, der Zentralbanken und letzten Endes Nationalstaaten so wie wir sie kennen abloesen koennte. Es wird an der Zeit…das suggerieren zumindest die derzeit scheinbar unloesbaren Probleme.

  • Kai Trefz
    15. November 2021 at 01:38

    Lieber Lars, Du sprichst mir aus der Seele.
    Danke sehr!

  • Martina Pressl
    16. November 2021 at 10:55

    Danke lieber Lars!!! Du sprichst mir aus der Seele. Sowohl mit deinem Empfinden hier raus zu wollen, als auch dem Ansatz am System ansetzen zu müssen ( Habe ich ja von euch gelernt :-)). Wie geht man es nur an; wenn man in seinem eigene System(Firma) nicht verstanden wird, kein Gehör findet und Emotionalität egal auf welcher Seite einen wirklichen Austausch im Keim erstickt??? Dazu ist mir noch nichts Gutes eingefallen, da die „Bedrohung“ egal in welchem Bereich daran hindert weiter zu denken und nach Lösungsansätzen zu suchen und sich bewusst zu sein, dass die Entscheidung, die wir heute treffen morgen dazu führen, dass sie revidiert werden muss. Auch darin tun wir uns schwer. Wie schaffen wir es uns auf Augenhöhe zu begegnen und uns gemeinsam zu bewegen mit allem „wenn und aber“. So wie es heute läuft können wir meines Erachtens nur verlieren. Leider bin ich wohl nicht die Antwort auf die Frage „Wer ist am besten in der Lage diese roten Herausforderungen zu lösen?“

  • Martin Bartonitz
    17. November 2021 at 19:18

    Lieber Lars,

    schön zu sehen, dass auch bei Dir die Finanzkrise 2008/2009 an den Grundfesten unseres Demokratiesystems so stark gerüttelt hat und seit dem das Achterbahnfahren wahrgenommen wird. Diese Finanzkrise hat genauso gezeigt, wie zentralistisch das mit dem Geldsystem gesteigert wurde. Inzwischen wird sogar von einem weltweiten Geldsystem gesprochen. Auweia …
    Ja, seit dieser Zeit hatte ich viele Fragen zu unserem Modell der repräsentativen Demokratie gestellt, und ja, meine Meinung ist, dass hier am System gearbeitet werden muss, damit das Achterbahnfahren mit den Bürger zu einem Ende kommt.
    Das ist aber dermaßen schwierig. Inzwischen kommen 80% unserer Gesetze über die EU-Kommisare zu uns. Gebaut wird an der Weltregierung, an die dann noch weitere Kompetenzen abgegeben werden sollen (UN, IWF, WHO, WTO … um einige der eingerichteten Tools forciert durch die großen am Markt zu nennen) , wie unsere Noch-Kanzlerin nicht müde wurde, zu erklären.
    Also noch mehr Zentralsierung. Auweia.
    Da gefällt mir eine der obigen Ideen des Graswurzelns im Kleinen, da wo sich Jeder selbst wirken fühlen kann. Denn kleine Staatspolitiker wird sich gegen die global agierenden Mega-Konzerne nicht mehr wehren können.
    Schauen wir mal, auf welchen Weg uns diese Krisen geleiten werden.
    Schäuble ist sich da ja sicher und freut sich aktuell: je stärker die Krise, desto leichter werden uns(?) die Menschen folgen.
    Viele Grüße
    Martin

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